Werner Liebau wurde am 17. Juli 1897 als Sohn des Apothekers Emil Liebau und seiner Ehefrau Else, geborene Steinmann, in Kruschwitz (Posen) geboren. Nach bestandenem Abitur 1915 in Danzig nahm Liebau zuletzt als Leutnant der Reserve am Ersten Weltkrieg teil. Von 1918 bis 1921 absolvierte er das Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität in Königsberg sowie das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Handelshochschule Königsberg. 1922 promovierte er zum Dr. rer. pol. mit der Arbeit "Therorie der wirtschaftlichen Demokratie". Bis zur Aufnahme seiner Lehrtätigkeit an der Universität Rostock im Jahre 1947 hatte Liebau unterschiedlichste Stellen bei mehreren Arbeitgebern inne. Nach seiner Anstellung als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter bei der Stadtverwaltung Königsberg bekleidete er den Posten des Direktors des Amtes für Wirtschaft und Verkehr in Hagen/Westfalen. Nach Machtübernahme der NSDAP war er unter anderem Angestellter in einem Reisebüro in Berlin und arbeitete ein Jahr als Lektor in Leipzig. Von 1935 bis 1945 war er dann für Haus- und Gartenwohnungsbaugesellschaften in Berlin tätig, bevor er Stadtkämmerer bei der Stadtverwaltung in Güstrow wurde.
1947 erfolgte seine Berufung als Professor mit vollem Lehrauftrag für Finanzwissenschaft an die Universität Rostock. Bemerkenswert in Liebaus Personalakte ist ein Schreiben an den Wissenschaftlichen Senat in Berlin, das Liebau im März 1950 anfertigte. Er beklagt darin die mangelnden Kenntnisse der Hochschullehrer auf den Gebieten der Pädagogik und der Psychologie, die seiner Meinung nach besonders daraus resultieren, dass nach 1945 die meisten Lehrkräfte direkt aus der Praxis an die Universitäten abgezogen worden, ohne vorher eine entsprechende Lehrbefähigung zu erhalten.
Während für jeden Lehrer, für jede Kindergärtnerin Pädagogik und Psychologie bei der Berufsausbildung unentbehrliche Lehrfächer darstellen, fehlt es bei den Hochschullehrern noch fast völlig an einer solchen Vorbildung. […] In ihrem Fach befähigte Nachwuchskräfte steigen ausserordentlich schnell in der Hochschullaufbahn auf, die Folge ist, dass sich in der Lehrtätigkeit das Fehlen einer Vorbereitung auf den Lehrberuf in pädagogischer und psychologischer Hinsicht immer stärker bemerkbar auf den Lehrererfolg beeinträchtigend bemerkbar macht. (UAR, Personalakte, Bl. 123)
Im Folgenden unterlegt Liebau seine Behauptung mit Beispielen aus dem Universitätsalltag, wobei er auf den Vortragsstil bei Vorlesungen, die Bedeutung von Übungen, Exkursionen, Colloquien etc. eingeht und auf die ungünstige Situation bei Prüfungen verweist.
Sehr viele Vorlesungen fachlich bestqualifizierter Hochschullehrer bleiben ohne die sachlich erreichbaren Wirkungen, weil der Dozent nicht die psychologischen und pädagogischen Kenntnisse besitzt, um seinen Studenten den Stoff in der richtigen Form nahezubringen. (Ebenda.)
Zum Abschluss seines Schreibens macht Liebau Vorschläge, wie es zu einer Verbesserung der Situation kommen kann. Unter anderem schlägt er eine Kommissionsbildung vor, damit die von ihm angebrachten Probleme geprüft werden könnten. Des Weiteren sollen alle seit 1945 in den Hochschuldienst eingetretenen Lehrkräfte in den Universitätsferien Kurse in Psychologie und Pädagogik besuchen. Für die Zukunft schlug Liebau vor, nur solche Kräfte zur Dozentur zuzulassen, die vorher grundlegende Kenntnisse in eben diesen beiden Disziplinen erworben haben. Dafür soll an jeder Hochschule laufend ein Kolleg "über die Psychologie der Hochschullehrtätigkeit für den wissenschaftlichen Nachwuchs" gehalten werden.
Inwieweit Liebaus Forderungen Gehör geschenkt oder nachgekommen wurde, ist aus der Personalakte nicht zu entnehmen. Interessant ist jedoch ein Schreiben der SED-Betriebsgruppe Universität Rostock an die SED-Betriebsgruppe der Universität Halle, in dem Liebaus Lehrtätigkeit folgendermaßen beurteilt wird: "Bei den Studenten ist Gen. Liebau infolge seines zuvorkommenden Wesens als Mensch beliebt, als Lehrer dagegen infolge zu trockener Vortragsweisen weniger geschätzt."
Trotzdem brachte er es nach seinem Wechsel an die Universität Halle im Jahre 1951 zunächst zum Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (1951-1954) sowie zum Direktor des Instituts für Finanzökonomie (1952-1956).
Im Jahre seiner Emeritierung, 1960, erhielt Liebau die Verdienstmedaille der DDR. Er verstarb zehn Jahre später im Alter von 72 Jahren.
Sandra Schütt, Studentenbeitrag aus dem Jahr 2010.